Sonntag, 3. November 2013

Schweriner Nuthobel

Wer sich für alte Hobel interessiert, dem sind sie sicher mal aufgefallen: die sogenannten Schweriner Nuthobel. Die Mischung aus messingglänzenden Beschlägen und exotischen Hölzern in einer für Hobel sehr ungewöhnlichen Form ist zugleich faszinierend und rätselhaft. Wer hat sie benutzt und wofür? Und für mich besonders interessant ist die Frage, von wem wurden sie gebaut?

Nuthobel kennt man als relativ schwere und - nach meinem Gefühl - unhandliche Hobel, mit denen Nuten entlang einer Längskante hergestellt werden können. Auf meiner Homepage kann man einige Nuthobel aus meiner Sammlung sehen. Sehr viel mehr und exotischere Nuthobel zeigen Sammler auf der Seite eines französischen Forums von Werkzeugliebhabern:

http://outils-anciens.xooit.fr/t17-La-passion-des-bouvets.htm

Für den Kutschen- und Wagenbau mit den dort häufig auftretenden geschwungenen Formen konnten diese normalen Nuthobel mit ihrer langen Sohle nicht verwendet werden. Dort brauchte man, ähnlich den anderen Hobelgattungen für Kunsttischler, Nuthobel mit kurzer Sohle und Anschlag, um den Schweifungen folgen zu können. Beispiele solcher Hobel findet man auf dieser Seite:

http://outils-anciens.xooit.fr/t33-Les-bouvets-de-carrossier.htm

Eine Untergruppe der Wagnernuthobel sind die Schweriner Nuthobel. Die folgenden Bilder zeigen drei schöne Exemplare aus der Sammlung J. Wiedenmann:






Zwei dieser Hobel haben den Namen des Herstellers auf dem Einstellrad für den Seitenanschlag eingeprägt. Auf dem ersten steht "W. ZETTLER, SCHWERIN i M", der zweite stammt von "C. HABERECHT" und ist mit "1262" (Herstellungsnummer?) und "1901" (Jahreszahl?) gekennzeichnet. Der dritte Hobel, der sich auch in der Bauart unterscheidet, ist unmarkiert.

Selbst besitze ich keinen Schweriner Nuthobel. Aber in mehreren meiner Kataloge habe ich Abbildungen davon finden können, z. B. bei Joseph Steiner (1906), Georg Baldauf (1912) und Johann Weiss & Sohn (1933).


"Nuthobel zum Verstellen, Schweriner Form"
Katalog Baldauf, 1912


Einen direkten Hinweis auf die Hersteller gibt es bisher nicht, aber immerhin finden sich in alten Adressbüchern und Volkszählungslisten zwei passende Namen:

Wilhelm Zettler (geb. 8.4.1859 in Schwerin) war Drechslermeister. Mit seiner Familie und zwei Lehrlingen wohnte er in der Apothekerstraße 30. 1903 wurde ihm gestattet, das Prädikat des Allerhöchsten Hofdrechslers zu führen. Sein Sohn Wilhelm Adolf (geb. 14.5.1894) wurde ebenfalls Drechslermeister. Die Drechslerei Zettler existiert bis heute in Schwerin. Ob in der Geschichte der Firma solche Nuthobel hergestellt wurden ist dort leider nicht mehr bekannt (Recherche J. Wiedenmann).

Clemens Haberecht (geb. 10.8.1848 in Ziegenhain b. Meißen) war Mechaniker und besaß ein eigenes Geschäft/Fahrradhandlung in der Schulstraße 5 in Schwerin. Das Reichsadressbuch von 1898 führte Haberecht in der Rubrik "Werkzeugfabrik und Engroshandlung" auf. Sein Sohn Clemens (geb. 19.11.1882 in Schwerin) lernte ebenfalls Mechaniker.

Ob Wilhelm Zettler und Clemens Haberecht die Hersteller der Schweriner Nuthobel waren, kann ich aus diesen Daten nicht sicher schließen. Auf jeden Fall gehören diese Hobel zu den Prunkstücken einer jeden Sammlung.


Quellen:
Handels- und Gewerbsadressbuch des deutschen Reiches, 1883 (bei ancestry.de)
Zählkarte zur Volkszählung am 1. December 1890 (bei familysearch.org)
Deutsches Reichs-Adressbuch für Industrie, Gewerbe und Handel, 1898-1899 (Recherche K. G. Heid)
Zählkarte zur Volkszählung am 1. Dezember 1900 (bei familysearch.org)
Regierungsblatt für Mecklenburg-Schwerin, 1903 (Google Buchsuche)
Deutsches Reichs-Adressbuch für Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft, 1929 (bei ancestry.de)
Adreßbuch der Landeshauptstadt Schwerin, 1935 (bei ancestry.de)

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