Donnerstag, 7. November 2013

How can I pimp my plane

oder Wie kann ich diesen Hobel verbessern? Das wird Mr. Knight gedacht haben 1) 2), nachdem er sein neuestes Werkzeug ausprobiert hatte. Ein Schrupphobel aus Deutschland, schmal und leicht, mit dem es eine Freude war Bretter abzurichten. Die Nase war zwar ungewohnt für einen Engländer, aber durch ihre Asymmetrie lag sie gut in seiner Hand. Das hintere Ende des Hobels fand er dagegen zu kantig, und nach einer Weile schmerzte die rechte Hand. Die heimischen Jack Planes waren besser zu führen, denn sie hatten hinter dem Eisen einen ordentlichen Griff. Könnte man nicht einfach ...?


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Gedacht, getan! Ein Griff war schnell ausgesägt und mit Raspel und Feile geformt. Und weil er sich so leichter befestigen ließ und um den Abstand zum Eisen gering zu halten, sägte Mr. Knight kurzerhand die hintere obere Hälfte des Hobels weg. Den Griff leimte er in eine Nut, sicherte ihn noch mit einer Schraube und feilte alle Kanten gefällig rund.

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So war deutlich angenehmer mit dem Hobel zu arbeiten! Das lästige Abrichten war jetzt schnell erledigt, und Mr. Knight fragte sich, warum nicht schon vor ihm jemand auf diese Idee gekommen war.

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Voller Stolz stempelte er den Hobel gleich an drei Stellen mit seinem Namen und gab ihm einen Ehrenplatz in seinem Werkzeugschrank.

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Wer weiß, wenn er damals einen Brief an den Hersteller geschrieben hätte, vielleicht wäre seine Idee von Friedrich Wilhelm Emmerich dankbar aufgegriffen worden. So ist sein Hobel ein etwas exotisches Einzelstück geblieben. Einen besonderen Platz hat er aber auch jetzt wieder, nämlich in meiner Sammlung.

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Quellen:
1) http://de.wikipedia.org/wiki/Pimp
2) Sicher hat Mr. Knight damals einen anderen Ausdruck benutzt.

Sonntag, 3. November 2013

Schweriner Nuthobel

Wer sich für alte Hobel interessiert, dem sind sie sicher mal aufgefallen: die sogenannten Schweriner Nuthobel. Die Mischung aus messingglänzenden Beschlägen und exotischen Hölzern in einer für Hobel sehr ungewöhnlichen Form ist zugleich faszinierend und rätselhaft. Wer hat sie benutzt und wofür? Und für mich besonders interessant ist die Frage, von wem wurden sie gebaut?

Nuthobel kennt man als relativ schwere und - nach meinem Gefühl - unhandliche Hobel, mit denen Nuten entlang einer Längskante hergestellt werden können. Auf meiner Homepage kann man einige Nuthobel aus meiner Sammlung sehen. Sehr viel mehr und exotischere Nuthobel zeigen Sammler auf der Seite eines französischen Forums von Werkzeugliebhabern:

http://outils-anciens.xooit.fr/t17-La-passion-des-bouvets.htm

Für den Kutschen- und Wagenbau mit den dort häufig auftretenden geschwungenen Formen konnten diese normalen Nuthobel mit ihrer langen Sohle nicht verwendet werden. Dort brauchte man, ähnlich den anderen Hobelgattungen für Kunsttischler, Nuthobel mit kurzer Sohle und Anschlag, um den Schweifungen folgen zu können. Beispiele solcher Hobel findet man auf dieser Seite:

http://outils-anciens.xooit.fr/t33-Les-bouvets-de-carrossier.htm

Eine Untergruppe der Wagnernuthobel sind die Schweriner Nuthobel. Die folgenden Bilder zeigen drei schöne Exemplare aus der Sammlung J. Wiedenmann:






Zwei dieser Hobel haben den Namen des Herstellers auf dem Einstellrad für den Seitenanschlag eingeprägt. Auf dem ersten steht "W. ZETTLER, SCHWERIN i M", der zweite stammt von "C. HABERECHT" und ist mit "1262" (Herstellungsnummer?) und "1901" (Jahreszahl?) gekennzeichnet. Der dritte Hobel, der sich auch in der Bauart unterscheidet, ist unmarkiert.

Selbst besitze ich keinen Schweriner Nuthobel. Aber in mehreren meiner Kataloge habe ich Abbildungen davon finden können, z. B. bei Joseph Steiner (1906), Georg Baldauf (1912) und Johann Weiss & Sohn (1933).


"Nuthobel zum Verstellen, Schweriner Form"
Katalog Baldauf, 1912


Einen direkten Hinweis auf die Hersteller gibt es bisher nicht, aber immerhin finden sich in alten Adressbüchern und Volkszählungslisten zwei passende Namen:

Wilhelm Zettler (geb. 8.4.1859 in Schwerin) war Drechslermeister. Mit seiner Familie und zwei Lehrlingen wohnte er in der Apothekerstraße 30. 1903 wurde ihm gestattet, das Prädikat des Allerhöchsten Hofdrechslers zu führen. Sein Sohn Wilhelm Adolf (geb. 14.5.1894) wurde ebenfalls Drechslermeister. Die Drechslerei Zettler existiert bis heute in Schwerin. Ob in der Geschichte der Firma solche Nuthobel hergestellt wurden ist dort leider nicht mehr bekannt (Recherche J. Wiedenmann).

Clemens Haberecht (geb. 10.8.1848 in Ziegenhain b. Meißen) war Mechaniker und besaß ein eigenes Geschäft/Fahrradhandlung in der Schulstraße 5 in Schwerin. Das Reichsadressbuch von 1898 führte Haberecht in der Rubrik "Werkzeugfabrik und Engroshandlung" auf. Sein Sohn Clemens (geb. 19.11.1882 in Schwerin) lernte ebenfalls Mechaniker.

Ob Wilhelm Zettler und Clemens Haberecht die Hersteller der Schweriner Nuthobel waren, kann ich aus diesen Daten nicht sicher schließen. Auf jeden Fall gehören diese Hobel zu den Prunkstücken einer jeden Sammlung.


Quellen:
Handels- und Gewerbsadressbuch des deutschen Reiches, 1883 (bei ancestry.de)
Zählkarte zur Volkszählung am 1. December 1890 (bei familysearch.org)
Deutsches Reichs-Adressbuch für Industrie, Gewerbe und Handel, 1898-1899 (Recherche K. G. Heid)
Zählkarte zur Volkszählung am 1. Dezember 1900 (bei familysearch.org)
Regierungsblatt für Mecklenburg-Schwerin, 1903 (Google Buchsuche)
Deutsches Reichs-Adressbuch für Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft, 1929 (bei ancestry.de)
Adreßbuch der Landeshauptstadt Schwerin, 1935 (bei ancestry.de)

Samstag, 2. November 2013

Jordan/Germany oder der Missing Link

Vor über zehn Jahren sah ich zum ersten Mal einen Hobel mit der Marke "Jordan" und der Herkunftsbezeichnung "Made in Germany". Ich fand das natürlich spannend, meinen Namen auf Werkzeugen zu lesen und habe versucht, mehr herauszufinden.

Besonders interessant an diesem Hobel war die spezielle Eisenfeineinstellung. Die Kennzeichnung "DRPa" ist vermutlich ein Hinweis auf das Patent zu dieser Einstellung, aber eine Patentschrift dazu habe ich nicht finden können. Vermutlich wurde ein Patent angemeldet, aber nicht erteilt.



Eine neue Spur ergab sich, als ich einen praktisch identischen Hobel fand, der mit "Tum" anstelle von "Jordan" gekennzeichnet war. Die Marke TUM gehörte zur Eisengießerei Tillmanns & Maier in Velbert, und diese Firma hat unter anderem eiserne Hobel hergestellt. Beim deutschen Patentamt fand ich drei Gebrauchsmuster der Firma Tillmanns & Maier, und alle drei haben die Eisenfeineinstellung zum Thema. Bei einem der Gebrauchsmuster für einen Doppelhobel ist das Eisen auf die gleiche Weise geschlitzt wie bei dem obigen Hobel, der darin eingreifende Mechanismus aber etwas verschieden.

Der Hersteller dieser speziellen Hobel wäre also die Firma Tillmanns & Maier in Velbert gewesen. Wer aber war Jordan, und warum findet man praktisch alle Werkzeuge mit der Kennzeichnung Jordan/Germany in den USA? Schon früh bekam ich in einem amerikanischen Forum die Auskunft, dass es in New York eine Firma "Jordan Hardware Corporation" gab. Nach langer Suche fand ich schließlich eine Anzeige der Firma Jordan von 1929, in der sich diese Firma als Agent für sieben europäische Firmen bezeichnete. Auf einem der abgebildeten Werkzeuge ist sogar der Namenszug JORDAN in einer Raute zu sehen, genau wie auf meinem Hobel No. 3.

Das wäre also eine Erklärung: Die Firma Tillmanns & Maier hat diese Hobel für den amerikanischen Händler Jordan Hardware Corporation gebaut und mit dessen Logo versehen. Auch über andere Händler hat Tillmanns & Maier Hobel verkauft, denn solche Putzhobel existieren auch mit den Markennamen "Tum", "Solar" und "Metro".

Das ist aber noch nicht alles. Zum einen gibt es neben diesem recht besonderen Putzhobel No. 3 eine Reihe weiterer Hobel mit der Kennzeichnung Jordan/Germany. Das sind ausschließlich kleinere Hobel, sogenannte "block planes", die nicht nur Nachbauten entsprechender Stanley-Modelle sind, sondern auch die gleiche Nummerierung verwenden. Oft, aber nicht immer, ist die erste Ziffer dieser Nummer verdoppelt, also "1102" anstatt "102" usw. Ob diese Hobel auch von Tillmanns & Maier stammen, kann ich bisher nicht sagen.

Und dann gibt es noch eine weitere Linie solcher kleinen Hobel. Im Unterschied zu Jordan-Hobeln sind sie blau mit einer roten Eisenklappe. Sie tragen einen schwarz-rot umrandeten goldenen Aufkleber mit der Marke STRONG BOY. Und der Herkunftsbezeichnung WEST GERMANY zufolge wurden sie nach dem Krieg gefertigt.

Bisher hatte ich keine Vermutung, wer diese Hobel gebaut haben könnte. Aber dann tauchte dieser kleine No. 101 bei Ebay auf, praktisch identisch mit einem STRONG BOY No. 101 in meiner Sammlung.




 Das Kürzel TUM auf dem Aufkleber gab schon einen deutlichen Hinweis. Als der Hobel dann eintraf, entdeckte ich auf dem Eisen noch das Logo der Firma Tillmanns & Maier, das ich bisher nur von einem Briefkopf kannte.



Das bedeutet, dass auch die unter der Marke STRONG BOY auf dem amerikanischen Markt vertriebenen Hobel von der Firma Tillmanns & Maier stammen. Dass auch andere deutsche Firmen Hobel unter amerikanischen Markennamen verkauft haben, ist sehr wahrscheinlich. Sicher gilt das für viele andere Werkzeuge. Zwar tragen sie zum Teil bekannte deutsche Markennamen, aber viele sind lediglich mit MADE IN GERMANY gekennzeichnet. Die Hersteller herauszufinden dürfte ähnlich schwierig sein wie bei den hier gezeigten Hobeln.