Dienstag, 19. Februar 2013

Profilhobelkeile - Ein Vergleich

Der Keil eines Hobels hat eine einfache Aufgabe. Er soll das Messer beim Hobeln unverrückbar festhalten, muss sich aber leicht herausnehmen lassen, wenn das Eisen geschärft werden soll. Für Bankhobel ist wegen der größeren Masse der Eisen die einfache spitzwinklige Form ausreichend. Bei schmäleren Hobeln, wie Simshobeln und den meisten Profilhobeln, hat der Keil im oberen Drittel einen Einschnitt, um einen Ansatzpunkt zum Herausschlagen des Keils zu haben.

Die genaue Form dieses Einschnitts bzw. des Keilkopfes ist eigentlich ziemlich beliebig. Tatsächlich haben sich aber, wie bei den Hobeln selbst, nationale und regionale Unterschiede herausgebildet. In der einschlägigen Literatur spielen die Formen der Keile keine große Rolle, aber es gibt doch einige Zitate.

W. L. Goodman 1) ist von den englischen Keilformen so angetan, dass er für die anderen keine freundlichen Worte findet: "Verglichen mit den Keilen auf dem Kontinent mit ihrer einfachen Form, oft nur einem nachlässig gerundeten Kopf und einem kunstlosen dreieckigen Einschnitt, ist der britische Profilhobelkeil elegant geformt."

John M. Whelan 2) diskutiert ebenfalls die geschwungenen Formen der englischen Keile und beschreibt dagegen die kontinentalen Formen als eher geradlinig. Einzig die französischen Keile seien teilweise oben gerundet. Deutsche und österreichische Keile werden mit einem flachen Kopf beschrieben, ebenso die niederländischen, deren Vorderseite aber gegen die Keilform etwas zurücktritt. Die folgende Abbildung aus diesem Buch zeigt die kontinentalen Formen im Vergleich.


Günther Heine 3) zeigt Abbildungen von niederländischen, englischen und deutschen Keilen, und auch bei ihm sieht ein typisch deutscher Keil so aus wie bei Whelan. Tatsächlich kommt diese Form bei deutschen Profilhobeln vor, allerdings nur bei einer kleinen Gruppe von Herstellern, wie wir noch sehen werden.

Recht ausführlich beschreiben Pierre Bouillot und Xavier Chatellard 4) die nationalen Unterschiede der Keile. Die Formen der schmalen Keile deutscher Profilhobel sehen sie als ähnlich denen der französischen und niederländischen Hobel. So unpräzise das klingt, beschreibt es doch die Bandbreite der deutschen Keilformen am genauesten.

Tatsächlich unterscheiden sich die Keilformen der meisten deutschen Hersteller wenig von denen der französischen, wie sie in der Abbildung bei Whelan gezeigt werden. Es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmen, und diese sind, wie sich zeigen wird, typisch für bestimmte Hobelhersteller. Die Kenntnis dieser Form alleine kann in vielen Fällen dazu dienen, den Hersteller mit einiger Sicherheit zu identifizieren. Das kann z. B. bei Ebay-Auktionen hilfreich sein, wo man oft nur ein einziges, schlecht photographiertes Bild bekommt und eventuell eine "Beschreibung" in der Art "gemarktet, aber kann ich net lesen".

Die folgende Abbildung zeigt Keile von Profilhobeln, die von der typisch deutschen Form abweichen. In der direkten Gegenüberstellung sind die Unterschiede gut zu erkennen, und ich werde die jeweiligen Besonderheiten für jeden Hersteller beschreiben.


Dieser Keil entspricht noch am ehesten der Form, wie sie von den meisten deutschen Herstellern verwendet wurde. Tatsächlich weist er aber zwei Besonderheiten auf, die seinen österreichischen Ursprung (hier: Joh. Weiss & Sohn in Wien) verraten. Das ist zum einen die Zierlinie am unteren Rand des Ausschnitts und die zusätzliche Abschrägung am oberen Rand. Sehr häufig sind die österreichischen Keile auch oben gerade und entsprechen in den Winkeln den Hamburger Keilen (s.u.).

Bei den Keilen der Firma Friedrich Ott in Ochsenfurt ist mir zum ersten Mal der Unterschied zu der sonst üblichen Form aufgefallen. Sie sind nämlich oben gerade abgeschnitten, und zwar in einem rechten Winkel zur Rückseite. Ein weiteres typisches Detail bei den Ochsenfurter Keilen ist ein kleiner halbkreisförmiger Ausschnitt am vorderen Rand des Spanlochs.

Auch die Firma Otto Kneisel in Zeitz verwendete diese kleine Verzierung am Spanloch. Die Keile haben einen sehr ausgeprägten Ausschnitt mit abgeschrägten Rändern. Die Vorderseite des Keilkopfes ist parallel zur Rückseite, wodurch eine fast rechteckige Form entsteht.

Ganz ähnlich sind die Winkel an diesem Keilkopf von Eduard Goedel in Leipzig. Weil der Ausschnitt kleiner ist und an den Rändern nicht abgeschrägt, sieht der Keil jedoch deutlich anders aus.

Eine ganz eigene Form hat J. Hofmann in Leipzig entwickelt. Der Keil ist oben fast halbrund und ohne Ausschnitt. Dafür ist er seitlich dicker und bietet dadurch einen gut zugänglichen und stabilen Vorsprung.

Die Keile der Hamburger Werkzeugmacher (als Beispiel: Martin Cathor) sind ganz ähnlich denen von Friedrich Ott. Der rechte Winkel liegt aber nicht hinten, sondern am vorderen Kopfende. Auch die flachen Keile der österreichischen Hersteller sehen so aus, von den zusätzlichen Verzierungen abgesehen. Diese Keilform wird sowohl von Heine als auch von Whelan als die typisch deutsche bezeichnet.

Dieser sehr kantige Keilkopf mit tiefem Einschnitt und keinem rechten Winkel stammt vermutlich von der niedersächsischen Firma Johann D. Ulland (Bad Zwischenahn) und erinnert schon an die niederländischen Formen.

Sehr ausgeprägt ist die niederländische Form bei den Hobeln von Peter Duesing in dem Grenzstädtchen Anholt (heute: Isselburg), der vor allem für den holländischen Markt produziert hat.


Man sollte diese Zusammenstellung nicht allzu wörtlich nehmen, denn, wie erwähnt, hat Joh. Weiss sowohl runde als auch gerade Keile hergestellt, Eduard Goedel ebenso, von Johann D. Ulland kenne ich nur diesen einen Keil usw. Nach meiner Erfahrung sind die gezeigten Formen aber ein guter Anhaltspunkt und wichtiger Hinweis auf den Hersteller. Man sieht, dass die deutschen Keilformen nicht so einheitlich sind wie in der Literatur dargestellt. Und schon gar nicht "nachlässig" gearbeitet oder "kunstlos", dear Mr. Goodman!



Quellen:
1) W. L. Goodman: British Planemakers from 1700 (Astragal Press, 1993)
2) John M. Whelan: The Wooden Plane (Astragal Press, 1993)
3) Günther Heine: Das Werkzeug des Schreiners und Drechslers (Th. Schäfer, 1990)
4) Pierre Bouillot, Xavier Chatellard: Les Rabots (Édition Vial, 2010)