Donnerstag, 19. Mai 2011

Patentierter Simshobel von Carl Pohl

Neulich habe ich einen ganz besonderen Hobel bei Ebay gekauft (Danke für den Tip, Andreas!). Die Beschreibung war mager, wie üblich, aber die Form des Hobels und die seitlichen Messingspangen waren ungewöhnlich genug, um mein Interesse zu wecken.


Der Hobel kam im "Fundzustand", also eingestaubt und mit Farbspritzern. Der Verkäufer hatte keine Markierungen erwähnt, aber auf der Klappe und auf der Vorderseite unter der Nase waren Beschriftungen zu ahnen. Nach vorsichtiger Reinigung konnte ich mit meiner Lupe schließlich den Namen POHL entziffern und etwas, das wie eine Patentnummer aussah. In einer Liste mit deutschen Hobelpatenten auf meiner Homepage fand ich den Namen "Carl Pohl in Steglitz" im Zusammenhang mit zwei Patenten für Simshobel:
http://www.holzwerken.de/museum/patent/hobel_de.phtml
Die dort genannten Patentnummern sind 33684 (1885) und 66226 (1892) und die zugehörigen Patentschriften habe ich unter http://depatisnet.dpma.de/ heruntergeladen. Im Netz fand ich noch einen Bericht über den Ankauf zweier Simshobel von Tischlermeister Pohl für die technische Mustersammlung des Landesgewerbvereins Hessen. Er enthielt neben einer Beschreibung sogar einen kleinen "Testbericht", sowie die vollständige Adresse von Carl Pohl. Mit diesen Informationen gelang es mir dann, die beiden gleichlautenden Markierungen auf Klappe und Hobel zu entziffern:

D.R.P. 33684
C. POHL
STEGLITZ
2 HEESESTRASSE 2

Beschriftung auf der Klappe

Beschriftung auf dem Hobel

Beide Patente von Carl Pohl beziehen sich auf Verbesserungen am Simshobel. Trotzdem dieser Hobel mit der früheren Patentnummer gestempelt ist, entspricht er in allen Details dem späteren Patent von 1892.

DRP 33684 (1885)

DRP 66226 (1892)

Mit seinem ersten Patent Nr. 33684 hatte Carl Pohl einige Nachteile des Simshobels beseitigen wollen. Wesentlich dafür war das Abführen der Späne nach oben, wodurch "das lästige und das Arbeiten erschwerende Festsetzen der Späne" [Zitate aus der Patentschrift] aufgehoben werden sollte. Durch diese Art der Spanführung kann dieser Simshobel auch mit breiterer Bahn gebaut werden und damit z. B. den Falzhobel und den abgefalzten Doppelhobel ersetzen. Im Unterschied zum Fausthobel mit seinen geschlossenen Seitenwänden müssen die Späne durch eine Art Trichter in das Spanloch geleitet werden. Diese Funktion haben zwei seitlich angebrachte Metallplatten, die innen entsprechend abgeschrägt sind. Zusätzlich ersetzte Pohl den hölzernen Keil durch einen eisernen, der gleichzeitig die Funktion des Spanbrechers übernimmt. Zusammen mit einer steileren Lagerung des Hobeleisens "ist es möglich, dem widerspänigen Holze wirksam entgegenarbeiten zu können". Das Widerlager ist ein Bolzen, verankert in zwei weiteren Platten, die außerdem "dem zur Hälfte durchschnittenen Block die erforderliche Stabilität wiederzugeben haben".


Mit dem Patent 66226 von 1892 verbesserte Pohl diesen Simshobel, indem er die beiden Metallplatten auf jeder Seite durch eine einzige Platte ersetzte. Der als Widerlager dienende Metallbolzen wurde durch ein keilförmiges Holzklötzchen ergänzt. Dadurch sollte die in dem oben genannten Test bemängelte Spanabführung optimiert werden. Im Rahmen dieses Patents wurde auch die Form der Metallstücke zum Spanloch hin geändert, um Lücken zu schließen, in denen sich Hobelspäne festsetzen könnten.


In der Patentschrift nicht erwähnt sind die heruntergezogenen Wangen im Bereich des Spanlochs. Ich vermute, daß dadurch ebenfalls die Spanabführung verbessert werden sollte. Auf jeden Fall wird das Entfernen von Hobelspänen mit der Hand erleichtert, und der Hobel bekommt durch die geschwungene Linienführung eine besondere Note.

Weitere Details kann man der Zeichnung aus der Patentschrift 66226 entnehmen:


In dem oben genannten Bericht steht, daß ein zusätzlicher Anschlag angebracht werden kann, "durch dessen Anwendung eine ganze Reihe von Specialhobeln, wie verstellbare Falzhobel zu beliebigen Breiten und Tiefen, Kittfalzhobel, Hobel zum Anstoßen von Federn und Nuthen, zur Herstellung schräger Falzen und Kanten u. s. w. ersetzt werden können, was besonders für kleinere Werkstätten von nicht zu unterschätzendem Vortheil erscheint."

Ich habe den Hobel bisher nicht ausprobiert. Aber in dem Bericht heißt es weiter: "Wir haben die Hobel durch einige Schreinermeister einer Probebenutzung unterziehen lassen, welche die praktische Verwendbarkeit des Simshobels mit Anschlag und dessen Vorzüge älteren Constructionen gegenüber erwiesen hat; nicht gleich günstig waren die Resultate in Betreff der Spanabführung [bei dem Hobel nach dem ersten Patent]. Der allgemein empfehlenswerthe Simshobel mit Anschlag kostet 11 Mark, ist daher bedeutend billiger, als die Hobel, welche durch ihn ersetzt werden und in kleineren Werkstätten nicht ausgenutzt werden können."

Trotz dieser vielen Vorzüge hat sich dieser Universal-Simshobel offensichtlich nicht durchsetzen können, denn sonst wäre er heute in jedem Werkzeugschrank zu finden.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Die Werkzeugfabrik Michael Brönner in Würzburg

Bis vor kurzem war mir diese Firma völlig unbekannt. Bei einer routinemäßigen Google-Suche fand ich dann zufällig eine Anzeige der Werkzeugfabrik M. Brönner aus dem Jahr 1866. Die darin angebotenen Werkzeuge (Hobel, Beitel, usw.) waren interessant, also versuchte ich, mehr über die Firma Brönner herauszufinden.

Der Erfolg einer solchen Recherche ist sehr unterschiedlich. Er hängt zum einen davon ab, welche Bücher von Google eingescannt wurden und in welchem Umfang sie zugänglich sind. Zum anderen hinterlassen die Firmen sehr unterschiedliche Spuren in der Literatur, so daß oft selbst über bekannte Firmen kaum etwas online zu finden ist.

Besonders liegt der Fall der Werkzeugfabrik Brönner insofern, als die Geschichte der Firma relativ kurz ist (ca. 14 Jahre) und praktisch vollständig dokumentiert in Meldungen und Anzeigen der Würzburger Tageszeitungen dieser Zeit.

Mit dieser Meldung vom 9. Mai 1854 begann die kurze Geschichte der Werkzeugfabrik:
"Mich. Brönner von Wolfsmünster erhält von kgl. Regierung die Erlaubniß zur Errichtung einer Fabrik von Werkzeugen für Holzarbeiten und die Ansässigmachung dahier."


Der Start gelingt und Brönner nimmt schon im Juli an der Allgemeinen Deutschen Industrie-Ausstellung in München teil mit 12 verschiedenen Hobeln, "darunter Nut= und Feder=, Gesims=, Hirngrat=, Kehlhobel".

Zu dieser Zeit wird auch "ein tüchtiger Arbeiter" "gegen gute Bezahlung gesucht" und im April 1855 "ein tüchtiger Schreiner und ein Metallarbeiter", "welch letzterer das Härten verstehen muß".

Für die Gründung einer Werkzeugfabrik war vom Polytechnischen Verein in Würzburg eine Prämie von 200 fl. ausgeschrieben worden, die "nach Verlauf eines Jahres ... an den Schreinergesellen, gegenwärtigen Werkzeug-Fabrikanten Michael Brönner dahier ausgehändigt" wurde.

Bei der "Jubelfeier des fünfzigjährigen Stiftungsfestes des polytechnischen Vereins" im Juli 1856 gestaltet Brönner einen Wagen für den Festzug: "der Wagen des Hrn. Brönner hatte ein Podium, mit verschiedenen Baumrinden und Guirlanden bekleidet; als Gallerien dienten große Sägen, auf der Mitte erhoben sich 3 Pyramiden mit Werkzeugen für Schreiner, Wagner, Büttner etc. in sinnreicher Gruppirung."

Am 23. Mai 1857 inseriert die Firma im Würzburger Stadt- und Landboten:


Auf einer Kreis-Industrie-Ausstellung "zur Feier der Eröffnung der Maxschule zu Würzburg" 1858 zeigt Brönner "ein reiches Sortiment von seinen als vorzüglich bekannten Erzeugnissen namentlich in Hobeln, dann eine Band- und Kreissäge" und erhält dafür ein Anerkennungsdiplom.

Im November 1859 zeigt Brönner seine erste Ausstellung auf der Bayreuther Messe an, wo bei ihm "alle fertigen Werkzeuge sowie einzelne Theile zu haben sind". Eine Woche später sucht er per Annonce "zwei Schreiner, welche gut im Hobelwerkzeugfertigen bewandert sind". Anfang Dezember 1859 erinnert eine Anzeige an das nahende Weihnachtsfest: "Es ist eine Auswahl Laubsägen-Bögen vorräthig; auch werden wie alle Jahre für Knaben Werkzeuge angefertigt."

Im Januar 1860 allerdings meldet der Würzburger Anzeiger den ersten Gerichtstermin "im Konkurse des Werkzeugfabrikanten Michael Brönner hier", und eine Bekanntmachung im August lädt "Strichsliebhaber" zu einem Termin, wo "das zum Concurse gehörige Mobiliare" und "Handwerkszeug" "gegen Baarzahlung öffentlich versteigert" werden.

Brönner schafft aber einen Neuanfang, denn in den Jahren 1865 bis 1867 wirbt der Werkzeugfabrikant mit seinem "großen Werkzeuglager" und meldet: "Wegen angehäuften großen Bestellungen ist mir nicht möglich, diese Messe [in Würzburg] zu beziehen, weßhalb ich meine geehrten Abnehmer ersuche, mich in meinem Laden zu beehren". Aus dieser Zeit stammt auch die folgende "Meßanzeige" zur "Rothenburger Messe":


Offensichtlich hat sich Brönner aber ziemlich übernommen, denn schon im April 1868 müssen die "Werkzeugfabrikanten-Eheleute Michael und Rosina Brönner" erneut Konkurs anmelden wegen "nachgewiesener Ueberschuldung": "Die zur Zeit inventirte, aus Waaren und Mobilien bestehende Aktivmasse hat einen Taxwerth von 343 fl. 39 kr. entgegen einer angezeigten Passivmasse von ca. 2550 fl."

Im "Adreß-Handbuch für die königlich bayer. Kreis-Haupt- und Universitäts-Stadt Würzburg" von 1870 ist Michael Brönner als einfacher Werkzeugmacher verzeichnet.