Dienstag, 9. November 2010

Die Werkzeugfabrik Baldauf - eine Schweizer Gründung?

Die Werkzeugfabrik von Bölsterli ist mir zum ersten Mal begegnet in Josef Grebers Buch "Die Geschichte des Hobels". Vom Stadtarchiv in Stuttgart habe ich dann erfahren, daß die Firma Baldauf ihre Geschichte als "Werkzeugfabrik Bölsterli" begonnen hatte. Bestätigt fand ich die Namensänderung auch in verschiedenen Berichten zu Weltausstellungen: etwa um 1860 wurde aus der Werkzeugfabrik "C. Bölsterli & Co." die Firma "G. Baldauf".

Auf die Schweizer Spur brachte mich schließlich das Landesarchiv Baden-Württemberg. In dessen Online-Katalog findet man ein Dokument der Gemeinde Warmbronn (10 km westlich von Stuttgart) von 1842 mit dem Titel: "Gesuch des Werkzeugfabrikanten Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, Kanton Zürich, um Aufnahme in das württ. Staatsbürgerrecht zwecks bürgerlicher Niederlassung in Warmbronn und Eheschließung mit Rosine Horn daselbst". Jetzt wußte ich also nicht nur den Vornamen des Fabrikgründers, sondern auch seine Herkunft. Richtig interessant wurde es aber, als ich mit diesen Informationen weitergesucht habe.

Im Zürcherischen Wochenblatt vom 11. Januar 1836 fand ich die folgende "Amtliche Anzeige":
"In Folge erhaltener Anzeige, daß Schreiner Caspar Bölsterli von Oberwinterthur, sesshaft gewesen in Unterstraß, sich von Hause entfernt und niemand kund gethan, wohin er sich verfügt habe, wird derselbe andurch aufgefordert, binnen 4 Wochen, von endsgesetztem Tag angerechnet, zurückzukehren und seinen Gläubigern Rede und Antwort zu geben, unter Androhung, daß ohne dieses seine Entfernung als Schuldenhalber angesehen und Concurs über ihn verhängt würde.
Zürich, den 5. Januar 1836."

Diese Anzeige läßt vermuten, daß Bölsterli nicht ganz freiwillig nach Stuttgart gekommen war. Tatsächlich steckte er nicht nur in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sondern auch sein Privatleben war etwas durcheinandergeraten. Das schließe ich aus einem Gerichtsurteil, das in einem Band der "Beiträge zur Kunde und Fortbildung der Zürcherischen Rechtspflege" erschienen ist. Darin wird ausführlich ein Gerichtsurteil von 1839 aufgrund einer Beschwerde besprochen, die "der in Zürich seßhafte Kaspar Bölsterli, von Winterthur" vor dem zuständigen Bezirksgericht vorgebracht hatte. Dabei geht es um ein Schlichtungsverfahren in der Ehescheidung, die Bölsterli verlangt hatte.

Das glückliche Ende der Geschichte hat dann wohl so ausgesehen:
Abgebrannt und geschieden taucht Bölsterli im Königreich Württemberg auf, um in Warmbronn eine neue Ehe einzugehen und in Stuttgart Deutschlands erste Werkzeugfabrik zu gründen.

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